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„Ausbildungswege NRW“ - Coaching-Konferenz 2024

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Mit Coaching über Ausbildung zur Fachkraft - Coaching-Konferenz 2024

Landesprogramm Ausbildungswege NRW, gefördert aus Mitteln der Europäischen Union und des Landes Nordrhein-Westfalen

Eine positive Zwischenbilanz, Beispiele guter Praxis sowie neue Ideen für die Weiterentwicklung standen im Zentrum der Coaching-Konferenz 2024 im Rahmen des EU-finanzierten Landesprogramms „Ausbildungswege NRW“ als zentralem Bestandteil der Fachkräfteoffensive NRW. Bericht und Fotogalerie informieren.

"Ausbildungswege NRW" - Konferenz zieht positive Zwischenbilanz

Veränderte Verhältnisse am Ausbildungsmarkt: Gab es noch vor zehn Jahren einen Überhang an Bewerberinnen und Bewerbern, hat sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt mittlerweile umgedreht und Betriebe sehen sich in manchen Regionen der Situation ausgesetzt, dass es einen mitunter deutlichen Überhang an freien Ausbildungsplätzen gibt. Konkret in Zahlen: Um rund 89.000 in Nordrhein-Westfalen gemeldete Ausbildungsstellen bewerben sich gerade mal etwa 78.000 junge Menschen. Dazu existieren in einigen Fällen unrealistische Vorstellungen vom Wunschberuf und es wird gar nicht in Betracht gezogen, was es möglicherweise an interessanten Alternativen gibt – ein großes Problem für ein gelingendes „Matching“. Die Folge: Viele Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt – und das, obwohl es Betrieben fast aller Branchen an Fachkräftenachwuchs mangelt.

„Wenn sich aber, wie hier am Ausbildungsmarkt, die Rahmenbedingungen ändern“, folgerte Stefan Pfeifer, Leiter des Referats Berufliche Bildung im MAGS NRW, bei der Veranstaltung am 24.04.2024 in Essen, „dann muss sich auch das Übergangssystem Schule-Beruf ändern“. Denn: Heute wird jede und jeder gebraucht. Auch diejenigen, die keine Bestnoten auf ihren Schulabgangszeugnissen vorweisen können oder die mit sonstigen Schwierigkeiten im Privaten zu kämpfen haben.

Genau darauf hat die Landesregierung schon frühzeitig reagiert und im vergangenen Jahr die guten Ansatzmöglichkeiten aus früheren Landesinitiativen konzentriert und im Programm „Ausbildungswege NRW“ zusammengeführt. Ziel ist, ausbildungsinteressierte unversorgte junge Menschen für die duale Ausbildung zu gewinnen und sie im Rahmen eines bedarfsorientierten Coachings bei der Vermittlung in eine Berufliche Ausbildung oder in eine andere berufliche Ausbildungsperspektive zu unterstützen. Zugleich erhalten Unternehmen nach ihren Bedarfen Unterstützung bei der Besetzung ihrer unbesetzten Ausbildungsstellen und damit letztlich bei ihrer Fachkräftesicherung. Grundsatz ist dabei: Jeder junge Mensch in Nordrhein-Westfalen, der ausgebildet werden will, wird ausgebildet. „Substantiell“, so Stefan Pfeifer, „ist das vergleichbar mit einer Ausbildungsgarantie.“

Funktionierendes Konzept

Gut zehn Monate nach Start des Programms war Zeit für eine Zwischenbilanz – und die fiel richtig gut aus. Annika Henkel, Referentin im Referat „Berufliche Ausbildung“ des MAGS NRW, nannte bei der Konferenz Fakten und Zahlen: Mit mehr als 4.300 interessierten jungen Menschen wurde bislang ein Erstgespräch geführt und rund 1.000 haben bereits eine Berufliche Ausbildung begonnen. Mit weiteren rund 400 Teilnehmenden konnte ein Weg in eine andere Anschlussperspektive gefunden werden. Das Fazit des Ministeriums: Das Konzept von „Ausbildungswege NRW“ funktioniert!

Umgesetzt wird das Programm landesweit von 30 Bildungsträgern und Trägerverbünden gemäß der jeweiligen Ausbildungsmarktlage in den 30 Agenturbezirken. Sie sind professioneller Kern des Programms. Nach kurzzeitigem, „turbulenten“ Programmstart gab es zunächst eine Vielzahl an administrativen Herausforderungen zu bewältigen: Strukturen aufbauen, Anträge stellen, Personal finden und Netzwerke bilden. „All das ist Ihnen hervorragend gelungen!“, lautete der Dank des Ministeriums.

Gerichtet waren die anerkennenden Worte direkt an die anwesenden 120 Expertinnen und Experten von Bildungsträgern und Regionalagenturen, welche das Programm den Bedarfen des jeweiligen Arbeitsmarktes vor Ort gemäß koordinieren und in Runden Tischen, also „dem zentralen Format, um die Arbeit der Handlungsgemeinschaft vor Ort abzustimmen“, die Ausbildungswege NRW vor Ort organisieren.

Bedarfsorientiertes Coaching

Nach Überzeugung von Stefan Pfeifer „ist das Coaching als innovatives, strategisches Element der zentrale Erfolgsfaktor“. Es wird bedarfsorientiert, individuell, niederschwellig, flexibel und lösungsorientiert angewandt. Konkret ermöglicht es entscheidende Hilfestellungen für die jungen Menschen, sei es die Unterstützung bei noch nicht abgeschlossener Berufsorientierung, die Erstellung ansprechender Bewerbungsunterlagen, das Trainieren von Vorstellungsgesprächen, die Unterstützung bei der Vorbereitung auf eine Ausbildung oder das „Onboarding“ der Auszubildenden in den Betrieb.

Das Ministerium und die Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung (G.I.B.) – sie übernimmt die fachliche Begleitung des Projekts – stehen durchgängig in engem Kontakt mit den Bildungsträgern. So konnte Annika Henkel über zentrale Erkenntnisse aus der Umsetzungsarbeit berichten. Aus der Fülle hier nur ein kleiner Ausschnitt: Festzustellen ist aus Sicht der Bildungsträger einerseits, dass bei vielen jungen Menschen der Prozess der Berufsorientierung noch längst nicht abgeschlossen sei, dass fehlende Reife, unrealistische Vorstellungen von Berufen und große Sprachdefizite die zentralen Inhalte des Coachings bilden. „Andererseits sei eine positive Beziehungsarbeit zwischen dem Coach und dem Coachee die notwendige Voraussetzung für ein gelingendes Coaching “, so Annika Henkel. „Junge Menschen brauchen eine Ansprechperson, wollen nicht immer die gleichen Fragen beantworten, sie möchten ernst genommen werden und zeigen sich offener, wenn sie das Gefühl haben, selbstbestimmt handeln zu können.“

„Mit dem individuellen Coaching“, resümierte G.I.B.-Mitarbeiterin und Moderatorin Eva-Maria Tomczak, „leisten die landesweit 106 Coaches einen wichtigen Beitrag zur Fachkräfteoffensive und damit für unsere Gesellschaft und für den Wirtschaftsstandort NRW.“

Abgestimmtes System

Eingebettet ist das Programm „Ausbildungswege NRW“ in ein abgestimmtes System verschiedener Angebote auf Landesebene am Übergang Schule-Beruf. Als erstes zu nennen sind die Angebote zur Berufsorientierung für alle Schülerinnen und Schüler in den allgemeinbildenden Schulen und Berufskollegs in den Sekundarstufen I und II. Zweiter Bereich sind die Angebote zur Berufsvorbereitung, für nicht ausbildungsreife junge Schulabgängerinnen und Schulabgänger. Zum dritten Bereich zählen die Unterstützungsangebote zur Vermittlung in eine verbindliche Ausbildungsperspektive mit den beiden Säulen „Ausbildungswege NRW“ und „Übergangslotsen“.

Über die genannten Angebote hinaus können die Coaches auf weitere, flankierende Förderleistungen am Übergang Schule-Beruf der Bundesagentur für Arbeit zurückgreifen und in Abstimmung mit den Arbeitsagenturen bzw. Jobcenter die Angebote des Bundes bei der Vermittlung der jungen Menschen in eine Ausbildung oder andere Anschlussperspektive heranziehen. Einen umfassenden Überblick dazu lieferte bei der Konferenz Manja Cristal, Beraterin im Bereich Berufseinstieg und Förderung junger Menschen der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit.

Da ist zum Beispiel die Berufseinstiegsbegleitung. Sie beginnt bereits ab der Vorabgangsklasse, unterstützt beim Schulabschluss und begleitet in den ersten Monaten der Ausbildung. Ein zweites, sehr niederschwelliges Angebot im Vorfeld der Ausbildungsaufnahme sind die Aktivierungshilfen für Jüngere (AhfJ). Sie richten sich an junge Menschen mit multiplen Problemlagen, die gezielt an den Ausbildungsmarkt herangeführt werden. Für schulmüde junge Menschen können die Fördermöglichkeiten des Werkstattjahres NRW nach dem pädagogischen Prinzip des produktionsorientierten Lernens eine gute Option sein. Hierzu zählen die Aktivierungshilfen für Jüngere-Pro (AhfJ-Pro) sowie die Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme-Pro (BvB-Pro). Nicht zu vergessen die Assistierte Ausbildung (AsA), die mit Stütz- und Förderunterricht sowie sozialpädagogischer Begleitung die jungen Menschen und die Ausbildungsbetriebe während der Ausbildung unterstützt.

Neu im Förderkanon der BA sind gleich zwei weitere Angebote. Eins davon ist das Berufsorientierungspraktikum. Es unterstützt junge Menschen mit noch vagen Vorstellungen, eine eigene Berufswahl zu treffen oder zu festigen. Über ein Praktikum können sie herausfinden, ob der Beruf tatsächlich zu ihnen passt. Das Praktikum dauert zwischen einer und sechs Wochen bei einem Arbeitgeber und ist, wie Manja Cristal betont, „nicht mit Probearbeit zu verwechseln!“

Ebenfalls neu im Angebot der BA ist der Mobilitätszuschuss. Er dient zur Mobilitätsförderung sowie zum Ausgleich „regionaler Disparitäten“. Adressiert ist er an junge Menschen, die bislang keinen Wohnortwechsel in Betracht gezogen haben. Ihnen dient er als Anreiz, ihr bisheriges Wohnumfeld zugunsten einer Ausbildungsaufnahme in einer anderen Region zu verlassen.

„Alle diese Angebote des Landes und der Bundesagentur für Arbeit“, versicherte Stefan Pfeifer, „wollen wir miteinander abstimmen, um die individuellen Unterstützungsangebote für junge Menschen sinnvoll zu kombinieren.“

Zielgruppengerechte Kommunikation

Wie mit modernem Medienmix in einem integrierten Branding-Konzept, insbesondere mit der Nutzung von Social Media-Kanälen, die Zielgruppen und Multiplikatoren gezielt erreicht werden können, referierten in einem kurzweiligen Vortrag Astrid Bönemann und Denise Schmidt von der Pressestelle des MAGS. Denn schließlich ist „Ausbildungswege NRW“ ein strategisches Element der Fachkräfteoffensive NRW. Der Social Media-Einsatz ermöglicht größere Reichweite und lässt sich bestmöglich an die Verhaltensweisen und Ansprüche der Zielgruppe anpassen.

Erfreulicher Ausblick

Am Nachmittag trugen die Expertinnen und Experten in drei Workshops bewährte Instrumente aus ihrer Coaching-Praxis aber auch neue Ansätze zusammen. Sie befassten sich entlang des Vermittlungsprozesses mit den Themen Akquise, also der Gewinnung von Teilnehmenden, und den Lösungen für die Herausforderung, Jugendliche im Coachingprozess zu binden und deren Interesse aufrechtzuerhalten. Den dritten Schwerpunkt bildete die Vermittlung der jungen Menschen in die Ausbildung und die Integration in die Unternehmen. Die Instrumente, die die Konferenzteilnehmenden zusammentrugen, werden in einen „Leitfaden Coaching“ zusammengeführt und können somit als inspirierende Ideen für die Programmumsetzung genutzt und in der Praxis weiter optimiert werden.

Fest jedenfalls steht: Sowohl das Programm „Ausbildungswege NRW“ als auch das Projekt „Übergangslotsen“ werden im Rahmen der ESF-Förderphase bis 2027 fortgeführt. Eine erfreuliche Nachricht vor allem für die, um die es eigentlich geht: die ausbildungsinteressierten jungen Menschen und die ausbildungsbereiten Unternehmen. Annika Henkel vom MAGS brachte es so auf den Punkt: „Das Schöne an den Programmen ist, dass die jungen Menschen den Weg in den Beruf gehen können, den sie auch wirklich gehen wollen. Zugute kommt das letztlich auch den fachkräftesuchenden Betrieben.“